Wenn Frauen nicht den Mund halten können
- June
- 23. Aug. 2016
- 4 Min. Lesezeit
Ich war länger ruhig. Ich musste mich einfach mal von einer Operation erholen. Es war nichts schlimmes, aber eine OP ist nunmal eine OP. Das ist kein Einkaufsbummel.
Es stellte sich heraus, dass meine Gebärmutter nicht das tat, was sie tun sollte. Genaugenommen hatte sie bereits so viel getan, dass Handlungsbedarf bestand. Also wies mich mein Frauenarzt kurzerhand ins Krankenhaus ein.
Nach einigem Hin und Her wurde mir eine ambulante OP angeboten. Das ließ ich mir als zweifache Mutter nicht zweimal sagen! Meinen Mann kann man immerhin nicht allein lassen, geschweige denn Kinder beaufsichtigen… Ihr kennt das.
Es wurde ein Termin festgelegt. Der 27.6. sollte es sein. Um 12:15Uhr sollte ich mich bitte in der Ambulanz einfinden. Der Eingriff würde nichtmal 10min. dauern.
Anhand der Uhrzeit stand fest: Da musste ich allein durch. Meine Tochter hatte um halb zwei Schulschluss; es musste jemand zu Hause sein. Mein Mann. Aber nach allem, was man mir so erzählte, wäre ich ja gegen 2Uhr wieder zu Hause.
Pustekuchen.
Ich erreiche die Ambulanz gegen 12Uhr. Zunächst lässt man mich noch im Flur warten. Danach soll es schnell gehen, ich bekomme meine Kabine, meinen OP-Kittel, meine schicke Netzunterhose, den Zugang gelegt…
Es ist 12:45Uhr, als ich dasitze, auf meinem Bettchen, mit dem Rücken frei und meinem fetten Hintern in ein Netzkostümchen gepresst… Mein Hintern erinnert mich an die Wurst aus den 80ern; aus allen Ecken und Kanten quillt was heraus.
Warum sind diese Netzhöschen nur so eng? Oder bin ich wirklich so dick?
Ich sollte aber nicht so bald operiert werden. Ich warte und friere. Nach einer Weile kommt der Pfleger, dreht die Heizung auf, bringt mir eine warme Decke. Im Sommer.
Netter Pfleger übrigens. So richtig Klischee. Ihr wisst schon.
Um kurz vor drei halte ich es nicht mehr aus. Ich habe Hunger. Ich habe Durst. Und warum muss ich, ausgetrocknet wie ich bin, eigentlich pinkeln?
Als ich aus dem Bad zurückkehre, stehen 3 Leute in OP-Kleidung an meinem Bett. Offensichtlich hatten sie schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben. “Jetzt aber los, ich will gleich Fußball gucken”, treibe ich das OP-Team an und alles lacht. Ich werde also in den OP geschoben und zwanglos mit Fragen bombardiert. ‘wie schnell wird Ihnen schwindelig’, wird Ihnen beim Autofahren übel’ und all solche Dinge. Mir wird Bewunderung ausgesprochen, wie ruhig und gelassen ich an die Sache herangehe, doch ich muss verneinen. Ich bin nervös. Sehr. Der Arzt reicht mir die Sauerstoffmaske. “Atmen Sie ruhig schonmal hier hinein”, und zur Schwester: ”Wir können dann anfangen.”
Ich schließe die Augen und ich versuche verzweifelt mich zu beruhigen. Ich atme einmal, zweimal dreimal. Am Bett ruckelt es. Ich sage: “Das Zeug wirkt gar nicht!” Ich bin in Panik. Ich will das nicht mitbekommen, was die Ärzte mit mir vorhaben!
“Sie sind schon fertig”, erwidert der Arzt lachend. Ich bin verwirrt. “Wie spät ist es?”, will ich wissen. Es soll zwanzig nach drei sein. Das entrüstet mich, es waren ja mehr als 10 Minuten! Naja, Narkose, ausziehen, anziehen, usw. dauert halt, so der Arzt. Mich interessiert natürlich auch, was sie gefunden haben. Es soll nichts schlimmes gewesen sein. Wie spät es ist, frage ich. Und ob sie was gefunden haben. Zwanzig nach drei, nichts schlimmes. Ob ich nun direkt essen kann? Ja, eine Schwester wird sich sogleich darum kümmern. Was für Erkenntnisse sie in der OP denn gewonnen haben, frage ich. Der Arzt lacht. “Ich könnte Ihnen die Frage nun zum dritten Mal beantworten, aber Sie würden es ja eh sofort wieder vergessen!” Ich bin verwirrt. Warum gibt mir niemand Auskunft? “Das tut aber schon ganz schön weh”, sage ich und fühle mich 2 Sekunden später wie ein Lügner. Ich spüre gar nichts. Mir wird Kaffee gebracht, Kekse, Wasser und eine Schmerztablette. Noch während ich irgendetwas sage, womöglich wieder verwirrtes Zeug, rauscht die Schwester raus und schickt den viel gesprächigeren Pfleger vom anderen Ufer rein. Ob er mir wohl mein Smartphone aus dem Spint reichen könnte? Er schließt den Schrank auf, gibt mir mein Handy und ich brabbel erneut los. “Sagen Sie”, blubbere ich, “ich habe da ein Problem. Sie müssen mir dabei helfen.” Er lächelt freundlich, kommt näher, will wissen, was genau er für mich tun kann. Ich fahre fort: “In meiner Kindheit habe ich gelernt, dass man Ordensschwestern und Krankenschwestern mit ‘Schwester’ anredet. Sie sind aber keine Frau, und ich glaube nicht, dass Pfleger mit ‘Bruder’ angesprochen werden.” Mein Gesicht verzieht sich zu einer Fratze, die ein Lächeln darstellen soll. Der arme Pfleger kann sich das Lachen kaum verkneifen. “Nennen Sie mich einfach René”, stellt er klar und lässt mich allein.

Nur Sekunden später erhalten meine Familie und meine Firma ein kurioses Selfie, wie ich das berühmte Peace-Zeichen in die völlig falsche Richtung halte. Mein Chef konnte sich seinen blöden Kommentar nicht verkneifen. ich war aber auch zu blöd zum Fotos machen!
Kaum eine halbe Stunde später durfte ich gehen und es kam mir so vor, als würden sich alle Ärzte, Pfleger und Schwester vor mir verstecken, während ich mir den Weg nach draußen bahnte. Ich konnte es wieder einmal beweisen: Ich rede zuviel!
Aktuelle Beiträge
Alle ansehenEs ist nun 12 Tage her, dass meine Trainerin mich auf das Ernährungskonzept von MrsSporty umgestellt hat. Warum habe ich das mit mir...
Seufz. Es ist wirklich nicht einfach, seine Pläne einzuhalten, wenn einem das Leben immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht....
Comments