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Kunden sind keine Menschen!

Ich arbeite bei Gamestop. Ich verstehe was von meinem Job und ich bin froh diesen Job zu haben. Auch ich verfolge die immerwährenden Diskussionen. Und bei vielen Dingen kann ich einfach nur den Kopf schütteln.

Wir pinkeln nicht in Flaschen, wir wissen, wie man die Toilette nutzt.

Wir verstecken keine Neuware.

Wir belügen keine Kunden.

Wir, damit meine ich mich und meine Kollegen aus unserer Filiale. Ich weiß auch, dass es in manch anderen Filialen anders läuft.

Meines Erachtens greifen viele Verkäufer zu so krassen Mitteln, weil ihnen die Kompetenz fehlt, den Kunden angemessen zu beraten. Aber das ist nur meine Meinung.

Doch manche Dinge liegen einfach nicht in der Hand von uns Verkäufern. Manche Dinge werden ganz oben versaubeutelt, wie die PS4 Pro Aktion, und die ganz unten bekommen es ab.

Doch manchmal, manchmal läuft alles korrekt und wir bekommen es trotzdem ab.

So abgelaufen zwischen mir und einem jungen Mann, der die PS4 seines Cousins gegen die Pro für seinen Cousin eintauschen wollte.

Er war so nett. Wir unterhielten uns so toll - von Mensch zu Mensch. Er hatte seine Pro schon längst, wollte jetzt nur seinem Cousin einen Gefallen tun, der ja arbeiten musste, während er selbst Urlaub hatte. Er wartete im Laden, jeden Tag, auf UPS, in der Hoffnung an diesem Tag Glück zu haben.

Bis zu dem Freitag, wo man dann die Pro reservieren konnte, um bis Juni in jedem Fall eine zu erhalten. Freitag, der Tag, an dem auch ich als Kunde im Laden stand, in der Schlange, und auch eine Pro reservieren wollte. Und ich jammerte, wie blöd das wäre, dass die Aktion so in die Hose gegangen war und man jetzt womöglich wochenlang auf den Tausch warten müsse; woraufhin er mir wieder nachdrücklich erklärte, ihn tangiere es ja nicht, hätte er doch schon längst die Pro. Reservieren würde er sie noch für seinen Cousin, aber um die Abholung würde er sich dann nicht mehr kümmern.

Doch schon Samstag erhielt ich einen Anruf; einen Anruf, wie ich ihn schon selbst viele Male getätigt hatte.

"Deine Pro ist da. Du musst sie aber heute holen. Wenn nicht, geht sie an den nächsten Kunden auf der Liste."

Da stand ich nun, in Sportzeug, auf dem Weg ins Fitnesscenter, griff mir noch die PS4 dazu und raste gleich nach dem Sport in den Laden.

Was soll ich sagen? Die Pro sieht in meinem Regal echt gut aus. Nur zum Zocken komme nicht.

Dienstag dann traf ich diesen netten Mann in der Stadt - ich war auf dem Sprung, hetzte zwischen Einkauf und Arztbesuche hin und her und hatte auch noch meine Tochter im Schlepp - und ich war neugierig, ob er auch einen Anruf bekommen habe? Es seien ein paar Konsolen per Express gekommen. Nein, noch nicht, mal abwarten.

Ich hatte ihn wie einen Menschen behandelt. Großer Fehler. Ganz böses Foul.

Denn schon am nächsten Tag hatte ich unsere Azubine weinend am Telefon. Der Kunde habe Stress gemacht, mit Polizei und Anwalt gedroht, er hätte die Pro vor mir reserviert und ich hätte sie nur vor ihm bekommen, weil ich dort arbeite. Das wäre Vetternwirtschaft, er würde uns anzeigen. Kunden hätten Vorrang. Ich hätte warten müssen wie alle anderen auch. Und ich hätte ihm noch frech ins Gesicht gelacht! Unverschämt! Er wolle nun sofort seine verdammte Pro! Und so weiter.

Eine Frage hämmerte in meinem Kopf. Er hat doch eine Pro? Ihn tangiert das doch alles nicht? Warum regt er sich so auf? Und warum lügt er, ich wäre frech gewesen, und vergisst zu erwähnen, dass unser Gespräch privat war und nicht auf Firmengrundstück während meiner Arbeitszeit?

1. Lieber Kunde,

warum hast du MICH nicht zur Schnecke gemacht? Ich hätte dir wenigstens Paroli bieten können. Aber meine Azubine zum Weinen bringen, so nicht. Nicht mit mir.

2. Ich hasse die Pro. Verdammte Pro. Scheiß Aktion. Zum Kotzen. Bringt nur Ärger.

3. Ich hatte gedacht, wenn ich nicht arbeite, bin ich auch keine Verkäuferin. Also unterhalte ich mich mit Menschen von Mensch zu Mensch. Da ich scheinbar aber auch noch Feierabend noch Verkäuferin bin, bleibt jeder Kunde für mich nur ein Kunde. Anfreunden ist nicht mehr drin. Privat schnacken auch nicht. Ende im Gelände.

Von nun an sind für mich meine Kunden keine Menschen mehr. Nicht im Laden und auch nicht nach Feierabend.

Kunden sind keine Menschen.


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